Älteren Menschen dort begegnen, wo sie sind

Ich sehne mich nach Sommerurlaub. Endlich nichts tun, in den Tag hinein leben und einfach mal wieder das ein oder andere schöne Buch lesen. Lasse ich die letzten sechs Monate Revue passieren, so kann ich sagen, dass ich sehr viel zu tun hatte – und das sowohl beruflich, wie privat. Die Betreuung meiner Eltern hat einen immer stärkeren Einfluss auf mein Leben.

Als zu Beginn dieses Jahres meine Mutter während eines Krankenhausaufenthaltes meines Vaters in Kurzzeitpflege kam, haben mein Bruder und ich sehr unschöne Erfahrungen gemacht. Im Nachhinein waren diese zehn Tage emotional herausfordernder und anstrengender, als ursprünglich von uns beiden erhofft.

Parallel dazu habe ich einen Kommunikationsworkshop im Zuge einer medizinischen Studie zur Sturzprophylaxe älterer Menschen vorbereitet und hierzu Literatur gelesen, die mich sehr berührt hat. Ich habe mich gefragt, ob es nicht lohnenswert wäre, diese Ansätze in den heutigen Pflegealltag stärker einfließen zu lassen. Insbesondere im Umgang mit demenzkranken Menschen. Immer wieder heißt es, wie stark das Pflegepersonal – auch aufgrund von Personalmangel – überfordert sei. Darüber hinaus leben wir in einer Gesellschaft, in der meines Erachtens der Umgang mit demenzkranken und älteren Menschen erst „gelernt“ sein will. Oftmals – und so ging oder geht es auch unserer Familie – ist man mit den Krankheiten älterer Menschen überfordert und weiß nicht, damit umzugehen. Woher auch. Dazu kommt noch unser Bild von einer „normalen“ Gesellschaft. Menschen mit entsprechenden Einschränkungen werden als herausfordernd und anstrengend wahrgenommen. Um es für uns einfacher zu machen, begegnen wir ihnen mit unserem Weltbild, in dem weiterhin alles so zu funktionieren hat, wie bisher. Doch ich frage mich, ist dieses Verhalten diesen älteren Menschen gegenüber angemessen? Ist dies würde- und respektvoll? Und liegt es nicht an uns, uns an deren Situationen anzupassen, weil sie es umgekehrt nicht mehr können? Was genau braucht es, um diese Menschen dort abzuholen, wo sie gerade stehen? Ja, mehr noch: Wäre es nicht lohnenswert, älteren Menschen dort zu begegnen, wo sie im Moment sind? Zwischenzeitlich habe ich selbst die Erfahrung gemacht, dass es genau dieses Verhalten und die damit verbundene Herangehensweise für uns alle viel einfacher macht, und wir diese Arbeit damit insgesamt entlastender empfinden.

Unter anderem dazu habe ich mit Dr. Gunver Kienle – der Studienleiterin der oben erwähnten Studie – ein Interview geführt, das ich in meinem September-Newsletter veröffentlichen werde. Seien Sie jetzt schon darauf gespannt.

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