„Friede ist, was Wohl gibt.“

Doris Morawe und ich kennen uns aus meiner Mediationsausbildung, die ich 2011/2012 bei ihr und Jutta Hohmann besucht habe. Beide sind als Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin tätig und bilden angehende Mediator*innen aus. In unserem heutigen Gespräch stellt Doris Morawe ihr neues Buch „Mediation und Gesundheit. Ein Konfliktlösungsmodell für die psychotherapeutische Praxis“ vor.

 

Doris, was war dein ausschlaggebender Impuls, dieses Buch zu schreiben? 

Mein Impuls, dieses Buch zu schreiben, war die Erkenntnis, dass Konflikte krank machen, wenn sie nicht gelöst, unter den Teppich gekehrt oder nicht ausgetragen werden. Ich bin davon überzeugt, dass sich ungelöste Auseinandersetzungen nicht nur auf die Seele, sondern auch auf den Körper negativ auswirken können. Seit 40 Jahren bin ich als Anwältin im Bereich „Trennung, Scheidung und Erbrecht“ tätig. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass bei nicht gelösten Konflikten irgendwann Krankheiten, wie beispielsweise Migräne, Tablettenabhängigkeit oder Alkoholismus, aufgetreten sind. Bei meiner parallelen Tätigkeit als Mediatorin habe ich hingegen andere Erfahrungen gemacht: Die Teilnehmer*innen wurden während des Mediationsprozesses gefühlt in ihrem Selbstwert wieder „größer“. Hierbei ist für sie die Autonomie, die sie durch die Mediation erhalten, überaus wichtig. Dadurch wissen die Klient*innen, dass hier nichts passiert, was sie nicht wollen. Sie werden in ihrer Eigenverantwortung gestärkt, was wiederum den eigenen Selbstwert aufrichtet, gesund macht und erneut Lebensfreude verspüren lässt.

 

Kannst du dies an einem konkreten Beispiel beschreiben?

Sehr gerne. Ich hatte ein Ehepaar in der Mediation, das sich trennen wollte. Der Ehemann hatte eine steile Karriere hingelegt, während die Ehefrau für die Familie und die vier Kinder ihre Ausbildung abgebrochen hatte. Beide hatten sich auseinandergelebt und kamen zu dem Entschluss, die Scheidung einzureichen. Während der Mediation hat die Ehefrau erlebt, dass sie eigenständig Entscheidungen treffen kann und wenn sie beispielsweise „Nein“ sagt, heißt das auch „Nein“. Beide scheidende Ehepartner haben sich letztlich auf Augenhöhe getrennt und gemeinsam faire Vereinbarungen getroffen.

 

An welcher Stelle hat die Mediation bei diesem Ehepaar entscheidend gewirkt?

Der entscheidende Wendepunkt war interessanterweise nicht an der Stelle im Mediationsprozess, bei dem es um die jeweiligen Gefühle und Bedürfnisse ging. Vielmehr habe ich festgestellt, dass die Ehefrau bei der Sachverhaltsermittlung an Selbstvertrauen gewonnen hat, da sie sukzessive alles verstanden hat. Das brauchte viel Zeit, doch die haben wir uns gemeinsam genommen. Das Ergebnis war für beide Parteien erfolgreich und tragfähig, damit sich das Ehepaar im Guten trennen konnte.

 

Was sollen die Leser*innen durch dieses Buch mitnehmen?

Für mich ist wichtig, dass der Leserschaft die Zuversicht vermittelt wird, dass mit Mediation eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann. Mediation ist kein Schmusekurs. Vielmehr geht es dabei um ganz konkrete Fakten und Inhalte, die Schritt für Schritt bearbeitet werden. Dabei besteht auch die Möglichkeit – wie der Titel des Buches schon sagt – mit Psychotherapeuten zusammenzuarbeiten. Das heißt, die Therapie kann durch die Mediation begleitet werden und sich dabei beidseitig unterstützen.

 

Wie lautet dein abschließendes Resümee?

Das Buch arbeitet nicht Zusammenhänge evaluationsmäßig auf. Vielmehr gibt dieses Buch einen kurzen und knappen Überblick, welche Rolle der Mediator im Mediationsprozess einnimmt und welchen Beitrag die Mediation leisten kann. Die Thesis lautet: Mit dieser Methode können die Konfliktparteien zu Ergebnissen auf Augenhöhe kommen, um gesund und stabil aus diesem Konflikt herauszugehen. Mediation ist ein humanistischer Dialog, Probleme bedürfnisorientiert zu lösen. Ein erfolgreiches Mediationsergebnis ist, dass die Konfliktparteien damit letztlich in Frieden leben können. Denn: Frieden ist, was Wohl gibt.

 

Doris, ich danke dir recht herzlich für unser Gespräch!

 

Kontaktdaten Doris Morawe:

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Mediatorin (BM®, BAFM®, SDM, DIA)
Zertifizierte Mediatorin nach ZMediatAusbV
Ausbilderin für Mediation (BM®)
Supervisorin für Mediation und Ausbildung

Salzstraße 31 | 79098 Freiburg
Festnetz: 0761-38 69 944
Mobil: 0170-48 22 585
E-Mail: morawe@centrum-mediation-freiburg.de