„Legen Sie nicht nur die Krawatten ab!“

Auf Philipp Riederle – Keynote Speaker, Berater und Autor – bin ich über mehrere Medien aufmerksam geworden. Seine dynamische und offene Art, mit der er Unternehmen berät, hat mich inspiriert, ihn für ein Interview zu gewinnen. Dabei sprach ich mit ihm über die Gestaltung von Veränderungsprozessen im Zeitalter der Digitalisierung sowie über die Generation Y, die er selbst vertritt.

 

Herr Riederle, Sie beraten Unternehmen im Umgang mit der digitalen Transformation. Auf welche Punkte sollten Firmen konkret achten, damit der jeweilige Transformationsprozess erfolgreich gestaltet werden kann?
Besonders wichtig ist es, Veränderungen in ihrem jeweiligen Kontext, also gesamtheitlich zu betrachten. Es ist nicht damit getan, einen Kicker-Tisch aufzustellen oder den Mitarbeiter*innen die Möglichkeit zu geben, auch im Home Office arbeiten zu können. Wenn solche Einzelmaßnahmen nicht klug angegangen werden, können sie unternehmenskulturell sogar eher schaden. Der Transformationsprozess der Digitalisierung führt zu einer Veränderung aller Rahmenbedingungen des jeweiligen Marktes. Daher ist es so wichtig, dass sich Unternehmen bei diesen Veränderungsprozessen als Organisationen reflektieren und sich zunächst intern den damit verbundenen Konsequenzen in allen Bereichen stellt. „Wie sind wir organisiert?“; „Welche Bereiche arbeiten wie zusammen?“; „Wer ist für was zuständig?“ etc.. Das sind nur drei Beispielfragen. Grundsätzlich ist für mich wichtig, folgende vier Handlungsfelder unter die Lupe zu nehmen: Erstens Organisationstrukturen und Zusammenarbeit, zweitens digitale Tools, drittens die Skills der Mitarbeitenden und viertens die Rahmenbedingungen wie beispielsweise Arbeitszeiten, Arbeitsorte oder Gehälter. Meine zentrale Botschaft lautet: Betrachten Sie die Veränderungsprozesse im Zeitalter der Digitalisierung gesamtheitlich und legen Sie nicht nur die Krawatten ab!

 

Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang auch über die Generation Y sprechen, die anders denkt, spricht, arbeitet und lebt. Wie sollte ein Unternehmen kommunizieren, damit diese Generation zuhört und bei Veränderungsprozessen „mitgenommen“ wird?
Die bereits vier genannten Felder – Organisationsstrukturen, Tools, Skills und Rahmenbedingungen – sind auch in diesem Zusammenhang die zentralen Grundpfeiler. Außerdem ist es für mich besonders wichtig, die veränderten Bedürfnisse der Generation Y, die sie in Bezug auf das Arbeitsleben hat, zu verstehen. Ein Bedürfnis ist beispielsweise „Sicherheit“. Dieses Bedürfnis ist auch bei den älteren Generationen zu finden, doch wird es bei der Generation Y anders definiert: Wir verstehen heute darunter Sinnhaftigkeit, neues Lernen oder fortwährendes Erfahrungen sammeln. Grundsätzlich ist für uns wichtig, dass wir uns in die Organisation, das Arbeiten oder bei Innovationsprozessen eingebunden fühlen. Außerdem erwarten wir, von unserer Führungskraft ordentlich geführt zu werden. Gerade hier kommen die neuen Skills, von denen immer wieder die Rede ist, zum Tragen. Als Beispiel sei hier die Kommunikationskompetenz des Vorgesetzten genannt. Auf Veränderungsprozesse bezogen, kommt es der jüngeren Generation darauf an, in den Veränderungsprozess entsprechend eingebunden zu sein und so geführt zu werden, dass der Sinn des Veränderungsprozesses verstanden wird und die Möglichkeit besteht, sich auch während des Prozesses weiterzuentwickeln und zu lernen.

 

Herr Riederle, für mich bietet der digitale Transformationsprozess die Möglichkeit, dass sowohl die Digitale Generation, als auch die früheren Generationen voneinander lernen und profitieren können. Wie könnte Ihrer Meinung nach ein beidseitiger Lernprozess aussehen?
Mir geht es immer um ein respektvolles Miteinander, denn nur gemeinsam, im Miteinander, kommen wir voran. Dafür ist es wichtig, die gegenseitigen Vorurteile abzubauen, indem beispielsweise verstanden wird, dass auch wir karriereorientiert und leistungsbereit sind. Bei uns werden lediglich die Rahmenbedingungen anders gesetzt. Und wenn wir abends nicht erreichbar sind, ist das keine Arbeitsverweigerung, sondern lediglich gelebte Work-Life-Balance. Natürlich können (und wollen!) wir viel von den vorherigen Generationen lernen. Wir haben die Erwartung, dass diese Kolleginnen und Kollegen sich auf uns einlassen – und bereit sind, auch von uns zu lernen. Für mich ist das in Summe ein „echt“ dialogischer Prozess des gegenseitigen Lernens, von dem sowohl die ältere, als auch die jüngere Belegschaft profitieren kann.

 

Herr Riederle, ich danke Ihnen recht herzlich für unser Gespräch!

 

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